Alexander                                     Kyrie Eleison!

Baumgartner  

 

Erbarmen Herr! So tönt es von der Schwelle

Des stillen Heiligtums. Der Pilger Schar

Drängt wogend hin zum kleinen Weihaltar,

Und Blütenduft durchflutet die Kapelle.

 

Umschimmert dort von vieler Kerzen Helle

Das Bildnis steht der Jungfrau wunderbar:

Vor ihm weicht Sünde, Leiden und Gefahr,

Und unerschöpft strömt aller Gnaden Quelle.

 

Erbarmen, Herr! Du hast den Platz erkoren,

Das Haus gebaut und wundersam geweiht

Und tausend Kerzen darin neu geboren.

 

Du lässest keinen ungetröstet gehen,

Der bei Maria sucht Barmherzigkeit:

Erbarmen! darf auch ich vertrauend flehen.

 

 

 

 

 

Alexander                                     Mutter des Erlösers, bitte für uns!

Baumgartner

O Mutter mit dem gottverheißnen Kinde,

Willkomm! Willkomm! Du nahst ja, uns zu retten,

Zu heilen uns, zu brechen unsre Ketten –

Der Tote lebt, entzückt schaut dich der Blinde!

 

Und sieh! – Der Herr so arm wie sein Gesinde!

Auf ärmlich stroh mußt du das Kindlein betten

Im öden Stall, fern von der Reichen Stätten,

Und arme Windeln sind sein Festgewinde.

 

O Armut! Löse du die Todesbande!

Stirb, eitler Stolz, in deines Heilands Schande!

Verlassenheit, sei Freund mir und Geleite!

 

Will, arme Mutter, teilen deine Schmerzen:

Doch steh mir mit dem lieben Kind zur Seite

Und schreib mich auf in deinem Mutterherzen!

 

 

 

P. Alexander                                Christus erhöhre uns!

Baumgartner  

1841-1910                                                     Erhör’ uns, Christus! Nicht den Einen nur

Umschlinget, Ring an Ring, des Unheils Kette:

Die Menschheit schmachtet auf dem Siechenbette,

Und ruft umsonst nach Rettung zur Natur.

 

Sie träumt von Spielen auf olymp’scher Flur;

Doch Tod und Sünde laufen um die Wette,

Und Stolz und Wollust rufen: Rette! Rette!

Und Leichensteine sind des Arztes Spur.

 

Erheb’ uns du aus uns’rer Nacht zum Lichte,

Der du allein in Gottes Schoß geschaut

Ursprung und Gang und Ziel der Weltgeschichte!

 

Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Wer kindlich deiner milden Hand vertraut,

Mag kühn zum Urquell alles Lichtes streben!

 

 

 

 

P. Alexander                                Lobwürdige Jungfrau

Baumgartner  

1841-1910                                                     Willst du dem Ruhme neue Bahnen weisen?

                                                                            Wer kennt dich, Maid, von all den Millionen,

Die weit und breit das Erdenrund bewohnen?

Und du singst laut: „Sie sollen all’ mich preisen!“

 

Weltreich um Weltreich bricht aus den Geleisen,

Und sion stürzt und Rom mit seinen Thronen –

Und sieh! dein Name lebt in fernen Zonen,

Um Tag für Tag die Erde zu umkreisen.

 

Das sah’ dein Aug’, o Seherin, das scharfe,

Und, da das Heil der Welt in deinen Händen,

Muß einer Welt entzücken dich durchbeben.

 

Magnifikat! So rauscht die Riesenharfe

Von Land zu Land bis zu des Erdballs Enden,

Von Stern zu Stern, des Himmels Licht und Leben!

 

 

 

P. Alexander                                Königin der Propheten

Baumgartner  

1841-1910                                                     Reich fiel um Reich in düsterm Strafgerichte

In Staub und Trümmer sank die Heldenzeit.

Als Zeugen längst entschwund’ner Herrlichkeit

Steh’n nur der alten Seher Weltgedichte.

 

Was sie erschaut in dunklem Traumgesichte,

Hat sich enthüllt zur lichten Wirklichkeit:

Die Jungfrau thront in Mutterlieblichkeit

Am Ursprung und am Ziel der Weltgeschichte.

 

Sie steht auf den zertrümmerten Kolossen,

Die Menschenstolz einst schuf, in Königspracht.

Es naht der Orient auf stolzen Rossen,

 

Der Westen kommt mit Schiffen reich an Fracht,

Von Nord und Süden fluten Millionen

Herbei, im Reich der Himmelsbraut zu wohnen.